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Die Würde auch in den letzten Stunden des Lebens behalten

Sterben ist oft nicht einfach. Wenn Menschen den Tod kommen sehen, macht sich Hoffnungslosigkeit breit. Neue Therapie in der Geomed-Klinik soll Kraft und Trost geben.

Wenn das Leben wegen einer unheilbaren Erkrankung allmählich zu Ende geht, dann sind die nächsten Angehörigen - trotz bestens Willens - mit der Betreuung des Sterbenden in den eigenen vier Wänden oft überfordert. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Kranke stark pflegebedürftig ist und regelmäßig Medikamente benötigt. Eine sehr hilfreiche Einrichtung sind in solchen Grenzsituationen dann die Palliativstationen in den Krankenhäusern, wie zum Beispiel in der Geomed-Kreisklinik in Gerolzhofen.

Speziell ausgebildete Mediziner und Palliativ-Pflegekräfte leisten hier bei der Betreuung der Schwerstkranken und Sterbenden einen wertvollen Dienst, der hohen Respekt verdient. Neben der Linderung der rein körperlichen Beschwerden geht es dabei auch um die seelische Gesundheit der Patienten. Und gerade hier setzt die Geomed-Klinik mit einem neuen Konzept an, damit die Sterbenden auch in ihren letzten Stunden noch ihre Würde als Mensch behalten.

Das Sterben ist oft nicht einfach. Häufig leiden die Patienten im Endstadium ihrer Erkrankung an verschiedenen Symptomen wie starken Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Verwirrtheit, Unruhe oder Angst. Hier können die Mediziner durch entsprechende medikamentöse Behandlung dafür sorgen, dass auch die letzten Tage des Lebens noch einigermaßen erträglich sind und es noch eine gewisse Lebensqualität gibt.

Psyche stark belastet

Doch neben den körperlichen Beschwerden kann bei den Sterbenden auch die Psyche stark belastet sein. Menschen, die kognitiv noch nicht beeinträchtigt sind und ihr Ende bei klarem Verstand kommen sehen, können in eine Phase geraten, in der sie das Gefühl haben, anderen nur noch eine Last zu sein. Eine depressive Stimmung, ein verstärkter Todeswunsch, Hoffnungslosigkeit und Angst kennzeichnen diesen Zustand. Oft haben die Sterbenden eine große Sorge, wie es mit dem Ehepartner, den Kindern und nahen Verwandten weitergeht, wenn man selbst nicht mehr da ist. Hoffnung und das eigene Würde-Empfinden schwinden dahin. Es soll alles nur noch möglichst schnell vorbei sein... 

Auch hier ist das Personal einer Palliativabteilung gefordert, die Sterbenden aufzufangen, ihnen Mut zu geben und deren Empfinden von Würde und Sinnhaftigkeit in der letzten Lebensphase zu stärken. Dr. Alexander Kraus, Chefarzt der Inneren an der Geomed-Kreisklinik und leitender Arzt der Palliativmedizin, hat nun die Weiterbildung seiner ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der palliativmedizinischen Versorgung gerade auf diesem Feld forciert. Es geht um die so genannte "Würde-Therapie".

Ein persönlicher Lebensrückblick

Was ist darunter zu verstehen? Patienten, die geistig noch dazu in der Lage sind, werden, wenn sie wollen, mit den Ärzten oder Pflegekräften persönliche Gespräche - gleichsam Interviews -  führen, die einem Lebensrückblick gleichen, beschreibt Geomed-Geschäftsführer Wolfgang Schirmer im Gespräch mit der Main-Post den neuen Ansatz. Erinnerungen an die positiven Aspekte des eigenen Lebens sollen dabei im Vordergrund stehen. Entsprechende Fragen führen das Gespräch in die entsprechende Richtung. Etwa: "Was ist Ihnen wichtig? Was sind Ihre wichtigsten Leistungen und worauf sind Sie am meisten stolz? Gibt es Dinge, die Ihre Familie über Sie wissen und an die Sie sich besonders erinnern soll?"

Das Ziel solcher vertrauter Gespräche ist klar: Die Patienten können, wie es in der Fachliteratur heißt, durch diese Rückbesinnung auf ihr Leben noch einmal Kraft und Trost finden im Wissen, dass sie etwas Dauerndes und Transzendentes nach ihrem Tod hinterlassen werden. "Die Gespräche werden aufgezeichnet und von den Therapeuten dann in einer lesbaren Form zu Papier gebracht", sagt Schirmer. Nachdem dieser Text vom Sterbenden gegengelesen und autorisiert wurde, wird er in mehrfacher Ausfertigung ausgedruckt und dem Patienten überlassen. Dieser kann dann, wenn er möchte, seine schriftlich fixierten Gedanken wie ein "Vermächtnis" den Personen seiner Wahl noch persönlich übergeben oder nach einem Tod hinterlassen.

Ein besonderes Geschenk

Erste wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Patienten, die bereits an einer solchen Würde-Therapie teilgenommen haben, das Ganze als Gewinn für sich selbst und ihre Familien bezeichnen. Auch die Hinterbliebenen reagieren durchweg positiv. Mit den erhaltenen Gesprächsprotokollen erhalten sie ein besonderes Geschenk, das sie Zeit ihres Lebens haben werden und das ihnen auch beim Abschiednehmen und der Trauerbewältigung helfen kann. 

Die Weiterbildung des Palliativ-Personals in der Würde-Therapie umfasst neun Doppelstunden und enthält wichtige Grundlagen der psychosozialen Betreuung von Palliativpatienten wie Haltung, Kommunikation, Feinfühligkeit, Erkennen von Bedürfnissen und Erhaltung der Würde von Patienten. Die Fortbildung wird rund 1500 Euro kosten, teilt der Geomed-Geschäftsführer mit.

Förderverein finanziert die Fortbildung

Auf Einladung von Alexander Kraus informierten sich kürzlich Lieselotte Feller und Lothar Zachmann, die beiden Vorsitzenden des Vereins der Freunde und Förderer der Geomed-Klinik, über die Inhalte und Anwendungsmöglichkeiten der Würde-Therapie in der Palliativmedizin. Feller und Zachmann zeigten sich laut einer Pressemitteilung der Klinik beeindruckt von dem neuen Konzept und sagten zu, dass der Förderverein die Kosten der Weiterbildung komplett übernimmt.

"Es ist uns ein großes Anliegen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Grundlagen der Würde-Therapie in der seelischen Sterbebegleitung erlernen können", betont die Vereinsvorsitzende Lieselotte Feller. Ihr Stellvertreter Lothar Zachmann ergänzt: "Wir sind überzeugt, dass damit in unserer Geomed - beispielgebend für viele Palliativeinrichtungen - auf die Bedürfnisse der Patienten bestmöglich eingegangen werden kann."

Neben der Finanzierung für die Weiterbildung wird der Förderverein übrigens auch die Kosten von Supervisionen für die im Palliativbereich eingesetzten Beschäftigten übernehmen. Die Supervision sei laut Wolfgang Schirmer, für das Team ein Angebot zur Reflexion, zur Beratung und zum Austausch über die sehr anspruchsvolle Tätigkeit der Begleitung schwerstkranker Patienten. Sie diene zudem der persönlichen Weiterentwicklung und der Förderung des Teamprozesses.

Quelle: www.mainpost.de/regional/schweinfurt/die-wuerde-auch-in-den-letzten-stunden-des-lebens-behalten-art-10648805

© Main-Post 2021

Foto: Eberl | Bei der Vorstellung des neuen Würde-Konzepts in der Palliativabteilung der Geomed-Kreisklinik: (von links) Lieselotte Feller (1. Vorsitzende des Fördervereins), Therapeut Thomas Walter, Chefarzt Alexander Kraus, Lothar Zachmann (2. Vorsitzender des Fördervereins) sowie die Palliativ-Pflegekräfte Annemarie Ross und Christa Weisensel.